Sie läuft und fährt wieder!

  • Moinsen!

    Ich hatte mich vor Kurzem hier im Forum neu vorgestellt und von meinem aktuellen Projekt, dem Wiederaufbau einer sich seit 10 Jahren im Winterschlaf befindlichen CBR 1000F, berichtet.
    Die Honda stand jetzt etwa 10 Jahre in der Garage und verstaubte dort eigentlich nur.

    Was musste ich ersetzen/reparieren/instandsetzen/remontieren:
    -Kupplung demontiert, gesäubert, überprüft und vermessen, geölt remontiert
    -Kupplungsschrauben gegen Stahlschrauben 10.9er Güte getauscht, da mir eine originale Schraube beim Anziehen mit 12Nm abgerissen ist
    -Kupplungsdeckeldichtung erneuert
    -Zündersternschraube zum Durchdrehen des Motors verwendet - Papierdichtung erneuert
    -Zündkerzen demontiert, etwas Motoröl (5W30 vom PKW wegen der niedrigen Viskosität) durch die Zündkerzenlöcher auf die Kolben gegeben

    -Motor am Zündstern gegen den Uhrzeigersinn gedreht

    -Zündkabel richtig montiert - Zündspule 1 auf Zyl. 1-4 und Zündspule 2 auf Zyl. 2-3

    -Zündkerzen geprüft und gereinigt, danach wieder mit 15Nm remontiert

    -Altes Motoröl abgelassen (ausbluten)
    -alten Ölfilter demontiert, neuen Ölfilter montiert

    -neues Motoröl (10W60, vollsynt. von Castrol - dient nur als Spülung, soll gegen 10W40 mineral. getauscht werden) eingefüllt und Füllstand angepasst
    -Vergaser vom Motor/LuFi demontiert, Deckel der Schwimmerkammern demontiert, Nuten gesäubert und Dichtflächen mit Aceton gereinigt, neue Formdichtungen eingesetzt, Deckel wieder montiert
    -Oberen Deckel (Anschlag für die Feder) demontiert, Vakuumkolben samt Membranen auf Schäden geprüft, Dichtungsrand der Membranen leicht mit Öl benetzt in die Nut eingesetzt (war vorher falsch montiert, also leicht verklemmt) und Deckel samt Feder wieder montiert. Vakuumkolben auf Funktion geprüft (via Druckluft - mit Gefühl), Drosselklappenwelle auf Funktion getestet
    -Vergaserbatterie remontiert, Saugstutzen am Kopf innen leicht eingefettet um Montage zu erleichtern -> Vergaser vollständig montiert (Bowdenzüge, Krafstoffleitung usw.)
    -Gaszugspiel eingestellt, Drosselklappe schnellt beim Loslassen des Gasgriffes hörbar auf den unteren Anschlag zurück
    -Kurbelgehäuseentlüftungsschlauch (der am niedrigsten Punkt des Luftfiltergehäuses, den man alle 6tkm entleeren soll) wieder montiert (war komischweise nicht montiert - gewiss der Hondawerkstatt zu schulden) und ausgeleert

    -Krafstoffpumpe mit 12V-Bestromung auf den + getestet --> funktioniert
    -Batterie erneuert

    -Kühlflüssigkeit geprüft, Optik und Füllhöhe

    -alten Kraftstoff abgelassen und etwa 10-11L Super Plus nachgefüllt

    Dann stand der erste Motorstart an. (auf dem Hauptständer)

    Schlüssel rein, Zündung an, Choke rein und Knopf gedrückt - zack, sofort an. Dann nach 30 Sekunden Leerlauf den Chocke rausgenommen und sie lief sauber weiter bei etwa 1200-1300 Umdrehungen. Öldrucklampe verschwand sofort und taucht beim Laufen des Motors nichtmehr auf.
    Es qualmte leider recht stark aus dem Auspuff, was sich aber schnell als Restöl auf dem Kolben herausstellte, das nach und nach verbrennt. Mittlerweile ist es komplett veschwunden. Das beruhigt mich.

    Leider war die Maschine noch nicht fahrbar, da die Bremse hinten und vorne entweder komplett eingesaut oder festkorrodiert war.

    Folglich habe ich:
    -alle Bremssättel demontiert, vorher Bremsflüssigkeit abgelassen
    -die Bremssättel komplett auseinandergebaut, Kolben raus, Dichtungen raus, Gummitüllen raus, Entlüftungsschraube raus usw.
    -Bremssättel bei einer guten Motorradwerkstatt in Karlshof reinigen lassen
    -Dichtungssatz und neue Bremsflüssigkeit besorgt
    -Alle 6 Kolben inspiziert und instandgesetzt --> schleifen mit 800/3000/5000er Nasschleifpapier und Politur mit Metallpoliturpaste
    -Gereinigte Bremssättel vormontiert, geschmierte Dichtungen montiert, geschmierte Kolben montiert, Federn, Beläge usw. eingesetzt/montiert
    -Vorderrad demontiert, Radlager (beide Seiten) geprüft, Steckachse auf Schäden inspiziert
    -Federgabel, also linke und rechte Gabel komplett von der Brücke demontiert
    -nacheinander beide Gabeln instandgesetzt -> Standrohr geschliffen und poliert (leichte Rostpickel), Keramikgleitbuchse unten und (innenbeschichtete) Buchse oben auf Riefen/Auswaschung geprüft und gesäubert, Staubdichtung und RDWR/Simmering demontiert, Gabel gereinigt und neu montiert (neuer RDWR und Staubdichtung) und mit 7,5W Gabelöl befüllt. 148mm war Vorgabe, 100% genau habe ich das leider nicht geschafft, aber ich denke mal, dass 0,5% Abweichnung von der Norm nicht tödlich sind
    -Buchse und Federsitzring die auf der Feder sitzen, gesäubert und geschliffen bzw. gebürstet - war sehr versifft (beide Seiten)
    -Beide Gabeln wieder provisorisch montiert, Federn eingebaut und obere Verschlussschraube eingedreht und angezogen
    -Spreng- bzw. Anschlagring in die Nut eingesetzt und beide Federn auf gleicher Höhe (Anschlagring auf Oberkante Klemmstück des Griffes) montiert und alle Schrauben mit dem passenden Drehmoment montiert
    -Radlager etwas mit Wälzlagerfett nachgefettet, RDWR's gereinigt und leicht gefettet, altes Fett aus dem Tachogeber gehölt, neues Wälzlagerfett rein
    -Achse gesäubert und neu eingefettet
    -Rad eingepasst, Achse durchgesteckt und Achsschraube mit Loctite und 59Nm angezogen
    -ein paar mal einfedern lassen und dann Achsklemmschrauben mit 22Nm montiert
    -Alle Bremssättel remontiert und mit neuer DOT4 Bremsflüssigkeit entlüftet
    -Freigängigkeit der Räder geprüft. Hinten i.O. - vorne schleift es leicht, hier sind brandneue Beläge verbaut


    Dann gings auf den ersten Test.

    Ergebnis - sie sprang sofort an, Leerlaufdrehzahl musste etwas nachgestellt werden, lief dann aber ohne Choke.
    Beim Einlegen des ersten Ganges bockte bzw. knallte sie leicht (nicht das normale klacken) dies trat aber nur einmal beim ersten Mal auf, danach nichtmehr. Sie ging nicht aus.
    Sie lässt sich, laut Aussage des Fahrers (mein Vater), ganz gut fahren und schalten, lenken und abbremsen.
    Die ganze Arbeit da oben scheint also von Erfolg gekrönt zu sein.

    Leider ist die Antriebskette etwas lang, muss also nachgestellt werden und es scheint eine Undichtigkeit im Bereich der Schaltwelle (Fußhebel) zu geben, da ist sie ein bisschen Ölfeucht.
    Zudem funktioniert der Schalter für das Umschalten des Fernlichtes nicht, die Lichthupe funktioniert.


    Der Luft- und Kraftstoffilter wird getauscht, wenn das Motorrad wieder legal fahren darf.

    Dazu mal eine Frage:
    Die Honda ist seit 2010 oder so abgemeldet - welche Hürden muss man aufnehmen um wieder frischen TÜV zu bekommen?

    Eventuelle Rechtschreibfehler seien mir bitte verziehen. :)



    Schönen Restsonntag noch!

    • Offizieller Beitrag

    Whow :thumbsup:c011



    Da hast Du Dir aber Arbeit gemacht und so wie Du schreibst verstehst Du wohl auch Dein Geschäft. Glückwunsch zum Ergebnis!


    Letztes Kennzeichen mitnehmen und mit Brief/Zulassungsbescheinigung zum TÜV bringen. Der macht dann ein Gutachten und gut ist's. Geht eigentlich alles ganz relaxed. Das Gutachten ist dann die Grundlage für die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis bei der Zulassungsstelle.

  • Moin,

    ja, kann man so sagen. Ich gehe mal davon aus, dass ich in diesem Bereich später mal arbeiten werde und da ist ja auch praktische Erfahrung gar nicht mal so schlecht. Größtenteils hat es auch Spaß gemacht, an der Maschine zu schrauben bis auf die Vergaser De-/montage... danke, ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ich sie so einfach und schnell (4 Wochen von Entrümpelung der Garage bis zum ersten Funktions- und Fahrtest gestern) wieder fahrtüchtig bekomme.

    Okay, und dann die Maschine am besten auf einem Anhänger zum TÜV bringen? Die Idee mit den roten Nummer von Tobias ist ja auch nicht schlecht - da müsste ich mich mal informieren, wie man an so ein 3-Tages-Kennzeichen o.Ä. kommt.

    MfG Moritz

  • Wie hoch lagen jetzt die Ersatzteilkosten?

    Grob überschlagen weniger als 175€ für neue Dichtungen, Filter, Batterie, Bremsbeläge, Gabeöl, Simmerringe usw. Ohne Kraftstoff, Öl, Reinigung der Bremssättel und spez. Werkzeuge oder Teile, die noch nicht verwendet wurden, weil nicht unbedingt nötig (z.B. LuFi).

    Wenn man das noch mit einbezieht, dann so knapp 300-350€. Dazu sei gesagt, dass 10 Jahre nichts investiert wurde.


    Ich kann das nachher nochmal checken und die Ausgaben hier reinschreiben.

    Edit: ~192,50 +-5€
    Allein die zwei Dichtungssätze für die Bremssättel haben schon über 50€ gekostet und die Simmerringe für die beiden Gabeln auch nochmal über 20€.

  • Hallo Moritz.

    Also da kann man nur sagen, saubere Arbeit geleistet. Was die Kosten für das ganze angeht, so ist es ja wirklich nicht viel. Dafür aber wieder die alte Lady fit für die Straße zu haben ist doch genial. Meinen Glückwunsch dazu.

    So, ich gehe mich mal über den Geburtstagskuchen her machen.?

  • Moin tosammen,

    Hält sich ja im Rahmen, wenn dann alles wieder gemacht ist.

    Ja, auf die 10 Jahre gesehen ist das ein, in meinen Augen, fast schon lächerlicher Betrag. Um den Motor wieder zum Laufen zu kriegen bedurfte es lediglich die drei Dichtungen, frischen Kraftstoff, neue Kupplungsschrauben, eine neue Batterie, Ölfilter und Öl (das hatten wir noch auf Lager).

    Hallo Moritz.

    Also da kann man nur sagen, saubere Arbeit geleistet. Was die Kosten für das ganze angeht, so ist es ja wirklich nicht viel. Dafür aber wieder die alte Lady fit für die Straße zu haben ist doch genial. Meinen Glückwunsch dazu.

    So, ich gehe mich mal über den Geburtstagskuchen her machen.?


    dankesehr. Bin auch zufrieden, da der Motor wirklich gut läuft und die Honda auch selbstständig fährt. Ich hatte mit wesentlich mehr Problemen (Getriebe, Kupplungs usw.) gerechnet, aber bis jetzt alles i.O. Kupplung trennt vernünftig, sprich man kann den ersten Gang einlegen und mit gezogener Kupplung stehen bleiben, wird also nicht unfreiwillig vorwärtsbewegt.
    Die Antriebskette scheint jedoch etwas schlabbrig zu sein, da müsste leicht nachgespannt werden.

    Genau, das ist sinnvoll investiertes Geld - ich mein, wenn sie nur noch länger in der Garage steht und nicht bewegt wird, wird es noch teurer. Bei der Fachwerkstatt hätte man für die Arbeit bestimmt gut 800-1000€ gelöhnt.
    Ich bin ein Freund des "Selbermachens". Natürlich kann auch immer mal was kaputtgehen, aber wenn man an die ganze Geschichte mit Sinn, Verstand, Common-Sense, Geduld und Vorsicht rangeht, kann man sogar die schwierigsten Aufgaben lösen.
    Ich mache den Großteil der anfallenden Wartungen/Reparaturen an meinem Auto und den Autos meiner Eltern eigentlich auch Selber. Wirklich heikle Dinge, wo der Motor offen ist und ich keine Sauberkeit garantieren kann, lasse ich aber abundzu die Werkstatt machen. Man kann, wenn man selber Schraubt, viel mehr lernen und erfahren, testen, prüfen und erkennen. Vor kurzem habe ich einen Hall-Sensor auf Funktion geprüft, da ich dort den Fehler vermutet habe - am Ende des Tages war der Sensor vollkommen i.O. Die meisten Werkstätten prüfen sowas erst gar nicht, sondern tauschen das Teil direkt.
    Aber das ist eine andere Geschichte. :zwinker:

    Danke auf jeden Fall für die "Belobigung", fühle mich geehrt! :)

    Ich werde hier hoffentlich noch ein paar Updates liefern können. Sie braucht ja frische HU/AU und dann darf sie auch legal auf die Strasse und kann auch mal 50km (und mehr am) Stück gefahren werden. Das wäre dann ein wirklich aussagekräftiger Test! Bis jetzt hat es nur für etwas mehr als 2km gereicht - ohne gültiges Kennzeichen ist das natürlich schwierig. Dann muss ich sie mal auf den Anhänger laden, verzurren und zur Prüforganisation fahren.
    Mal sehen, wann ich das eingerichtet bekomme.


    MfG Moritz

  • Moin Moritz!

    Such Dir was aus. Wichtig ist die vorläufige Deckung der Haftpflichtversicherung durch eine EVN-Nummer (elektronische Versicherungsnachweis),

    ohne die eine Zulassung nicht möglich ist. Die Fahrten zum Zwecke der Wiederzulassung dürfen auch mit entstempelten Kennzeichen unter

    bestimmten Vorraussetzungen durchgeführt werden. Da braucht es keinen Anhänger.


    Guggst Du hier!

  • Hallo Leute

    Nun, das bis jetzt beschriebene sind die Normalen Service arbeiten die nach so langer Standzeit anfallen.

    Hät ich auch nicht bzw hab ich bei allen meinen dicken gemacht.

    wenn man ein bischen Ahnung hat von schrauben ist das von jeden selbst auszuführen.


    Trotzdem Gratulation zur Reanimation.


    Wegen Tüv hätte ich mit den alten Reifen bedenken.

    sollte das kein Problem sein und du kriegst drotzdem den TÜV

    dann UNBEDINNGT ERNEUERRN.

    die alten reifen sind wie Holzräder.

    grüsse Strohschedl

  • Moin Moritz!

    Such Dir was aus. Wichtig ist die vorläufige Deckung der Haftpflichtversicherung durch eine EVN-Nummer (elektronische Versicherungsnachweis),

    ohne die eine Zulassung nicht möglich ist. Die Fahrten zum Zwecke der Wiederzulassung dürfen auch mit entstempelten Kennzeichen unter

    bestimmten Vorraussetzungen durchgeführt werden. Da braucht es keinen Anhänger.


    Guggst Du hier!

    Moin,

    top, danke für die Information! Dann kann ich meinen Vater die Tage anhauen, dass er sich da um eine Versicherung kümmert und dann mal beim TÜV einen Termin machen. Bis dahin müssen aber noch ein paar Kleinigkeiten gemacht werden. Kühlmittel muss gewechselt (gespült) werden. Die sieht zwar noch gut aus, aber die ist bestimmt 20 Jahre alt. Die Wasserpumpe möchte ich mir auch einmal von innen anschauen um das mal optisch überprüfen zu können.

    Kette muss gespannt werden und es gibt eine kleine Undichtigkeit in der Nähe des Schalthebels - wohl irgendeine Dichtung platt. Ist aber minimal.


    Da gebe ich dir Recht, nur hast du bestimmt schon etwas mehr Erfahrung im Umgang/Reparatur mit der CBR, als ich. (Bin ja grade mal 20 Jahre alt) Um ehrlich zu sein, ist das sogar das erste mal, dass ich an einem Benzinmotor arbeite. Bis jetzt warens immer nur Dieselmotoren. Und das erste mal, dass ich an einem Motorrad schraube.
    Gibt bestimmt einige Leute, die bei einer Maschine, die 10 Jahre stand, den Zündschlüssel reinstecken und durchstarten ohne vorher Öl, Kerzen, Kraftstoff usw. zu checken.

    Ich bin auf das, was ich geschafft habe stolz, auch wenn es im Prinzip simple Arbeiten waren. Das mit dem Ahnung haben ist so eine Sache. Die Letzten, die dran gearbeitet haben, waren Mechaniker einer Honda-Motorrad-Werkstatt/Vertrieb. Da frage ich mich, warum ich als Laie die Zündkabelpositionen richtig rücken muss, was wohl nach dem Steuerkettentausch durch die Werkstatt falsch gemacht wurde... es gehört eben doch wohl etwas mehr als nur "ein bisschen Ahnung" dazu. :zwinker:

    Die Reifen sind aus 2009 oder so, habe die DOT nicht im Kopf. Sie zeigen im Profil schon leichte Risse und verhältnismäßig hart sind sie auch schon, obwohl sie wenig bis gar keine UV-Strahlung abbekommen haben, aber das stoppt das Altern nicht.
    Danke für den Hinweis!


    MfG Moritz

  • Hallo Moritz,

    ist zwar schon ein paar Monate her dein Beitrag,

    wenn aber noch da bist ?


    wieviel Schmodder war bei dir in den Schwimmerkammerdeckeln ?

    Drücke mich noch ein wenig vor der Demontage der Vergaser:-)

  • Reifen solltest du unbedingt wechseln, machen einen grossen Teil der Sicherheit und des Fahrspasses aus.

    LG

    Markus