Geschichten aus der Kategorie: Nochmal Glück gehabt

  • Wäre interessant mal zu hören was euch so im Laufe eures zweirädrigen Lebens Lustiges oder Seltsames passiert ist, was ein glückliches Ende hatte.


    Ich fang mal an:

    Es war ein herrlicher Sommertag im Juli. Morgens beim Blick aus dem Fenster war davon noch nichts erkennbar, der dichte Nebel hing tief im Tal. Doch das klarte dann recht zügig auf und der angepeilten Zweirad-Probefahrt der Marke Suzuki (Buuuh, böser Ketzer, Schande über mich) am späten Vormittag stand also nichts mehr im Wege. Also rein in die textile Knautschzone und ab in die Garage. Während die CBR nach einem zögerlichen Brüllen sanft im Choke die Garage zum Klangkörper macht während der Motor warm wird, noch flugs alles in den Tankrucksack gepackt. Fahrzeugschein, letzter TÜV-Bericht, die obligatorische jungfräuliche Nasen-Mund-Bedeckung in ihrem Tütchen, der Probefahrtvertrag (man ist ja vorbereitet) und der Kugelschreiber. Daneben noch ein Feuerzeug, Kleingeld, ein Fünfer und der Garagenöffner. Einem Glockenschlag gleich heften sich die Magneten an den Tank und erinnern mich daran bald mal zu tanken. Helm über den Bordcomputer gezogen und aus der Garage gerollt wird noch schnell der Garagenöffner gedrückt, das Tor zum Zweiradheim schließt sich fast geräuschlos, "wofür Kettenspray so alles gut ist" denk ich mir noch, werfe den Garagenöffner in den Tankrucksack und schließe den Reißverschluss auf der linken Seite des Rucksacks, bevor ich den noch fehlenden linken Handschuh anziehe.


    Dann geht´s gemütlich durch die 30iger-Zone aus dem Ort... Endlich Ortsschild, Motor ist auch warm, also nutzen wir doch mal die rechte Hand und beschleunigen, schmeißen uns auf den zwei Kilometern bis zur nächsten 30iger Zone gemütlich durch die Kurven. Die Probefahrt ist nur einen Ort weiter, wirklich genießen lässt sich das perfekte Wetter also nicht in der kurzen Zeit, man ist schon da. Am Zielort angekommen wird erstmal geparkt und nach dem Helm der Tankrucksack abgezogen und alles mitgenommen. Nach der Probefahrt, während der der Tankrucksack auf dem Gartentisch einer netten Familie lag, wird die Strecke retour gefahren, die Fette gekettet... pardon, die Kette gefettet und der Tankrucksack kommt wieder an seinen Platz im Regal und es wird gegrübelt, ob das mit der Suzi was werden könnte.


    Am nächsten Morgen, der Probefahrtvertrag kann in die Tonne, der Verkäufer war vorbereitet, noch schnell das Kleingeld rausgeholt für den zweifüßig erreichbaren Bäcker. Dabei fällt auf: Wo ist denn der Fahrzeugschein? Eine kurze Inventur fördert zu Tage: Fahrzeugschein und TÜV-Bericht fehlen. Ouh shit. Nochmal reingesehen, Jacke und Hose abgeklappert. Nix. Weg. Im Kopf schon sämtliche coronabedingten Wartezeiten der Ämter zusammengezählt und überschlägig die Saison für dieses Jahr abgehakt. Das war also keine Option. Wo könnte es rausgefallen sein? Ortsausgang, Gasgeben, Kurve legen. Alles andere wurde so langsam gefahren, da kanns nicht sein. Trotzdem, gesamte Strecke nochmal abfahren, von Anfang bis Ende. Einmal hin und zurück, nix gesehen.


    Oh weh, die Gedanken gehen zurück an die Nacht, es hatte geregnet und innerlich stelle ich mich auf Papierbrei ein. Also nochmal genau die anderthalb Kilometer mit Tempo 100 und Kurven abgefahren. Beim zweiten Abfahren, ein Stück Papier mit einem blauen Fleck. Vielleicht das TÜV-Siegel? Also nochmal hin, stehenbleiben, Warnblinker und... ja unfassbar. Der TÜV-Bericht. Trotz einer regnerischen Nacht lag er da, im Gras neben der Straße. Völlig unbeeindruckt von der Nässe. Freudig das Teil also eingepackt und die Strecke nochmal abgefahren. Wo der Bericht ist, kann der Schein ja nicht weit sein. Nach dem fünften Abfahren des Teilsstücks, da ist was, 200 Meter und auf der anderen Straßenseite vom Fundort des Berichts, lag was im Gras. Also hin und tatsächlich. Der Schein. Und das Beste: eine Nacht im Regen hat auch ihm fast nichts getan. Die Stempel vom TÜV sind blasser und die Unterschrift mit Kugelschreiber von der Zulassungsstelle ist jetzt statt blau eher braun. Sonst nichts. Das Papier nicht aufgeweicht. Die gedruckten Eintragungen unbeeindruckt. An dieser Stelle gehen mal Grüße raus an TÜV und Zulassungsbehörden: Danke das ihr auf Papier schreibt, das, im Gegensatz zu Kassenbons, länger hält als euer Bericht gültig ist!


    Gruß

    Hans


    PS: die Suzi wirds nicht ;)

    Wer die Gegenwart genießt, hat in Zukunft eine wundervolle Vergangenheit. :-D